die Norddeutsche Jute-Spinnerei und Weberei - kurz "Jute" genannt

Aus der Vorgeschichte unseres Vereins

Wer die Vorgeschichte unseres Vereins und die Gründung verstehen will, der muß die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Zeit um 1891 kennen. Die angefangene Industriealisierung hatte eine neue Schicht der Gesellschaft geschaffen, die Fabrikarbeiter. Die Bedingungen am Arbeitsplatz sind aus der heutigen Sicht kaum mehr vorstellbar. Karge Löhne bei zwölf- bis vierzehnstündiger Tagesarbeitszeit. Die ersten Anfänge einer turnerischen Betätigung im damaligen Schiffbek fallen in die Jahre 1889/90. Seinerzeit durften noch Kinder ab dem 12. Lebensjahr halbtags in der Jutefabrik beschäftigt werden. Die “Jute”, wie man sie nannte, richtete eine Fortbildungsschule für die inzwischen schulentlassenen Kinder ein, in der auch geturnt wurde.

Die dafür notwendigen Geräte wurden zur Verfügung gestellt. Die Jugend machte reichlich Gebrauch von dieser Einrichtung. Gäste aus Rothenburgsort und Wandsbek gaben dem Turnen weiteren Auftrieb. Nachdem auch aus der nicht bei der Jutefabrik beschäftigten Bevölkerung Turner hinzugekommen waren, wurde der Vorläufer unseres Vereins im August 1891 unter der Bezeichnung “Männer-Turnverein Schiffbek” aus der Taufe gehoben. Er machte sich von der Fabrik unabhängig, erweiterte seine Abteilungen und nahm auch die Turnspiele in sein Programm auf. Im Jahre 1907 hatte unser Verein bereits 269 Mitglieder. Der 1. Weltkrieg bereitete dem Aufschwung ein jähes Ende. 19 Vereinsangehörige ließen in ihm ihr Leben. Einige Unentwegte machten sich nach dem Kriegsende daran, den Verein erneut aufzubauen. Alle Abteilungen wurden wieder eröffnet und bald wurde der alte Mitgliederstand weit übertroffen. Der Vereinsname wurde in “Freier Turn- und Sportverein Schiffbek-Hom von 1891 e. V” geändert. Im Jahr 1931 zählte der Verein 650 Mitglieder. Er errichtete in der Ferienkolonie Overwerder ein eigenes Ferienheim für seine Jugend . Damals unterhielt der Verein zwei Männerabteilungen, ein Mädchenkorps, ein Knabenkorps und vier Handballmannschaften. Zwei Jahre nach dem 1931 festlich begangenen 40jährigen Vereinsjubiläum brach die Zeit des 3. Reiches an. Als Mitglied des Arbeitersportbundes wurde auch der FTS Schiffbek-Horn “gleichgeschaltet“ und damit verboten. Die gesamte Arbeitersportbewegung, damals über 17.000 Vereine mit über 1,3 Millionen Mitgliedern, hörte auf zu existieren. Damit war die gedeihliche Entwicklung unseres Vereins ein weiteres Mal unterbrochen. Ältere und jüngere Mitglieder, die nicht geschlossen oder in Gruppen in die “neutralen” Vereine übergetreten waren, kamen 1945 zusammen und gründeten aus mehreren Vereinen die heutige Sport-Vereinigung Billstedt-Horn von 1891 e. V.

100 Jahre Turn- und Sportgeschichte in Billstedt

100 Jahre – eine Zeitspanne, die das Dasein mehrerer Generationen mit ihrem Auf und Ab vor dem Hintergrund einer unruhigen Zeitgeschichte umfaßt. Den Werdegang einer Sportvereinigung zu schildern, gebietet textliche Raffung und Konzentration auf das Wesentliche, um neben den älteren auch den jüngeren Mitgliedern sowie Freunden und Interessierten einen Eindruck von dem Geschehen in den vergangenen Jahrzehnten zu vermitteln. “Männer-Turnverein Schiffbek” – so fing es vor 100 Jahren an. So lassen sich mehr zwischen den Zeilen oder nur aus knappen Andeutungen die Schwierigkeiten und Widerstände erkennen, mit denen die Entwicklung des Vereins aus kleinsten Anfängen bis zu der heute erlangten Stellung zu ringen gehabt hat. Der Grundgedanke bei der Taufe “Männer-Turnverein”ließ sich nicht durchsetzen. Neben der Männerabteilung wurden auch Zöglings-Abteilungen eingerichtet. Letztere wurden mit Vollendung des 18. Lebensjahres in die Männerabteilung übernommen.

Als der Verein auf eigenen Füßen stand, hieß es mit den finanziellen Mitteln haushalten auf jeden Fall. Zwar kamen noch vereinzelt Zuwendungen seitens der Jutefabrik, weil eben Zöglinge größtenteils der Fortbildungsschule angehörten und der Lehrer dieser Schule Vorsitzender des Vereins war, aber unter damaligen Verhältnissen und der Abneigung gegen Turnvereine von seiten des Staates, war es doch sehr schwer, die nun einmal begonnene Sache aufrecht zu erhalten. Der große Turngeist und die Harmonie aller turnbegeisterten setzte sich auch hierüber, manchmal unter großen finanziellen Opfern, hinweg. Als Turnplatz diente in den ersten Jahren “Vocke’s Tanz-Saal”.

Man schloß sich dem Deutschen Turnerbund zwecks einer besseren Fortentwicklung der Turnsache an. Nach einigen Jahren hatte sich die Turnkunst unter den Mitgliedern soweit herausgebildet, daß man es wagte, an die Öffentlichkeit zu treten. Es wurden Turnfeste unter Zuzug von auswärtigen Vereinen veranstaltet. Der Erfolg blieb nicht aus und der Verein wuchs zusehends. Doch es gab immer wieder Schwierigkeiten durch Kündigung der Turnlokale. Im Jahre 1898 löste sich das Verhältnis mit der Fortbildungsschule. Mit großer Mehrheit wurde im selben Jahr der Austritt aus der “Deutschen Turnerschaft” und der Übertritt zum “Arbeiter Turn- und Sportbund” beschlossen. Zweck und Ziel dieses Bundes war die Hebung der Volksgesundheit und durch Leibesübungen gesunde und kräftige Menschen heranzubilden, zum Wohle der Arbeiterschaft. Die Verwirklichung dieser Ideale wurde von Anfang an durch große Schwierigkeiten zu verhindern versucht. Erinnert sei an die Jugendturnverbote, Nichtzulassung zu Staats- und Gemeindelehrgängen. Allen Schikanen zum Trotz erkämpfte sich die Freie Turnerschaft ihre Existenzberechtigung.

 Die 1. Handball-Damen der Freien Spielvereinigung Schiffbek von 1924: Elli König, unbekannt, unbekannt, Lisa König, Emmi Wendt, Pauline Swoboda, Anni Schulz, Lilli Gatermann, Wilma König, Käthe Murcha, Elfriede Eichstädt.

Neben der Männer-, Jugend- und Knabenabteilung wurde auch eine Frauen-Abteilung ins Leben gerufen. Es wurden Turnfeste veranstaltet, Bezirksveranstaltungen besucht und so die geselligen und kulturellen Bedürfnisse im Verein gefördert. 1902 wurde die erste Altersriege aufgestellt und ein Trommler- und Pfeiferkorps ins Leben gerufen. Einen großen Übelstand bildete noch immer die Turnhallenfrage. Es mußte weiterhin mit Tanzsälen vorliebgenommen werden. Wenn dies auch nicht die geeignete Stätte für die Betätigung war, so hat doch der Verein unentwegt die Ziele des Breitensportes zum Wohle der arbeitenden Bevölkerung verfolgt und durchgeführt. 1906 wurde auch ein Trommler- und Pfeiferkorps in der Knaben-Abteilung eingerichtet. Nach einem Kreisturnfest im Jahre 1907 setzte eine rege Vereinstätigkeit ein. Es wurden Veranstaltungen durchgeführt und Turnhallen-Bausteine vertrieben. Bald darauf wurde durch eine Verfügung des Reichsgerichts die Arbeiter-Sportbewegung für politisch erklärt. Damit durften keine Jugendlichen mehr unserem Verein angehören und weitere Beschränkungen wurden dem Vereinsbetrieb auferlegt. Der I. Weltkrieg machte dann der weiteren Entwicklung ein plötzliches Ende. Der Turnbetrieb konnte nur noch ein Jahr aufrechterhalten werden, dann wurden alle Tätigkeiten eingestellt. Aus diesem Krieg kamen 19 Turnbrüder nicht zurück.

 Die 1. Handall-Herren der Freien Spielvereinigung Schiffbek von 1924: Henry Kujawa, Herbert Bertels, Arthur Schnoor, unbekannt, Albert Meier, Hans Färber, Erich Wilke, Hans Krüger, Wilhelm Gutschmidt, Willi Panten, Hans Johannsen.

Die Turnbrüder, die zurückkehrten, machten sich sofort daran die Trümmer des Vereins zu sammeln und den Turngedanken wieder auferstehen zu lassen. Als Turnlokal wurde wieder “Zum Holsteinischen Wappen” in Schiffbek gewählt. Da jetzt alle Verurteilungen der Behörden gefallen waren, konnte man sich wieder frei entwickeln. Alle Abteilungen nahmen einen freudigen Aufstieg und der alte Mitgliederbestand wurde bald weit übertroffen.

Doch den Lieblingswunsch nach einer eigenen Turnhalle mußte man vorläufig fallen lassen. War doch während der Kriegsjahre und der späteren Inflation das Vereinsvermögen sehr zusammengeschmolzen. Zu allem Unglück wurde wieder mal unser Turnlokal gekündigt und zu einem Kino – “Oase-Palast”, Billstedter Hauptstraße/Ecke Legienstraße – umgebaut.

Wieder saßen wir mit dem Turnbetrieb auf der Straße. Auf Vorstellung bei der Gemeindeverwaltung Schiffbek, bekamen wir einige Abende in der Turnhalle von “Gut-Heil” – steht heute noch am Schöfferstieg – gebührenpflichtig zugewiesen, wo man dann bis 1930 zu Gast war. 1931 wurde uns dann die neu erstellte Gemeinde-Turnhalle an der Möllner Landstraße (Höhe heutige Polizeiwache Billstedt) zur Verfügung gestellt. Im gleichen Jahr wurde im Interesse der Mitglieder für Rasenspiele eine Handballabteilung ins Leben gerufen, und hatte einen großen Anteil an der Aufwärtsentwicklung des Vereins. Die Bundesfeste in Leipzig, Frankfurt a. M. sowie die Arbeiter-Olympiade in Wien wurden von unseren Mitgliedern besucht.

 Das Trommler- und Pfeiferkorps der “Freien Turn- und Sportvereinigung Schiffbek-Horn von 1891” beim Umzug zum 1. Mai 1930 in der Steinbeker Marktstr – auf dem Weg zu einem Ständchen auf dem Platz vom “Sportklub Holstein”. Das Haus im Hintergrund (Nr. 34) steht heute noch.

Im Jahre 1929 scheuten die Mitglieder keine Arbeit und Mühe, um in “Overwerder“ ein Ferienheim zu errichten. Diese Einrichtung war in erster Linie für die Jugend des Vereins gedacht und diente dieser als Licht-, Luft- und Sonnenbad. Zu dieser Zeit waren Ausflüge und Reisen in die nähere Umgebung bereits etwas Besonderes.

Overwerder: Ende der 1920er Jahre 

Nach dem Verbot durch die braunen Machthaber im Jahre 1933 hatte der “Freie Turn- und Sportverein Schiffbek-Horn von 1891 e.V.” 650 Mitglieder. Der Verein unterhielt zwei Männer-Abteilungen, eine Frauen-Abteilung, zwei Knaben-Abteilungen, zwei Mädchen-Abteilungen, ein Männer-Korps, ein Knaben-Korps und vier Handballmannschaften. Das gesamte Vereinsvermögen wurde beschlagnahmt und alle Gerätschaften eingezogen. Darüber hinaus standen viele Sportler der Arbeiterbewegung unter dem Druck dieser neuen politischen Situation. Die Gleichschaltung duldete weder Konkurrenz noch Opposition. Von 1933 bis 1945 mußten die Arbeitersportvereine ihre Tätigkeit einstellen. Dies hatte zur Folge, daß die meisten Vereinsunterlagen aus Angst vor Repressalien vernichtet wurden. Die politischen Entwicklungen zogen auch einen tiefen Riß durch den Kreis der ehemaligen Freunde. Freundschaften zerbrachen und Mißtrauen entwickelte sich. Viele starben im Krieg oder in den Bombennächten, viele kehrten als Invaliden zurück.

Der Neubeginn war hart, doch fanden die alten Sportfreunde wieder zusammen und gründeten im Vereinslokal “Fritz Koch” aus den 1933 verbotenen Vereinen “Freier Turn- und Sportverein Schiffbek-Horn von 1891 e.V. “, “Sportklub Holstein von 1919”, “Freie Spielvereinigung Schiffbek von 1924″, ” Freie Spielvereinigung Horn von 1930″, “ASV Fichte, Billstedt-Horn”, “Arbeiter-Wassersportverein n Nixe Billstedt” und dem “Arbeiter- Radfahrerverein Solidarität Öjendorf-Kirchsteinbek” am 17. April 1946 unter dem Namen „Sport- Vereinigung Billstedt- Horn von 1891 e.V.” unseren heutigen Verein.

 Gastwirtschaft Fritz Koch, Gründungslokal der heutigen Sportvereinigung Billstedt-Horn

100 Jahre Sportvereinigung Billstedt-Horn von 1891 e.V.

Bild-Kolumnist Horst Frese erinnert sich

Vom 18. bis 26. Mai feiert die Sport-Vereinigung Billstedt-Horn von 1891 e. V. ihr 100-jähriges Vereinsjubiläum. Sieben ehemalige, 1933 nach der Machtübernahme durch die Nazis verbotene Vereine des Arbeiter-Sport-Kartells (ARTUS) waren die Gründerklubs der heutigen Sport-Vereinigung.

 Die Jugend-Mannschaft des Sportclub Holstein (1923)

Von den Gründungsvereinen steht der Freie Turn- und Sportverein Schiffbek-Horn für das Gründungsjahr 1891. Aus den drei Fußballvereinen hat wohl der im Mai 1919 gegründete Sportclub Holstein die nachhaltigsten Spuren hinterlassen. Er wurde nach dem ersten Weltkrieg von mit Notstandsarbeiten beschäftigten Kirchsteinbeker Jugendlichen gegründet. Auf einem von dem Bauer Carl Meier gepachteten Stück Land an der Kirchsteinbeker Marktstraße errichteten sie mit Unterstützung des späteren Klubwirtes Helmut Bahr einen Sportplatz und schlossen sich dem Arbeiterkartell an.

Käthe und Helmut Bahr

Der sportliche Weg führte schnell nach oben. Nach dem Titelgewinn in der C- und B-Klasse gelang der Aufstieg in die A-Klasse, der höchsten Spielklasse im Arbeitersport. Als Meister der A-Nordstaffel konnte sich Holstein 1929 für die Ausscheidungsspiele um die Hamburger Meisterschaft qualifizieren. Die übrigen Staffelmeister hießen Lorbeer, Bahrenfelder SV 19 und Frisch-Auf, also alles zu jener Zeit klangvolle Namen. Die Paarungen wurden ausgelost und Holstein wurde vor die schwierigste Aufgabe gestellt, denn die Mannschaft mußte am Sportplatz Borgweg im Stadtpark gegen den amtierenden Deutschen Meister SC Lorbeer mit seinen Assen Erwin Seeler, den Gebrüdern Bruno und August Postler, dem vorzüglichen Halbrechten Müller sowie dem linken Flügelpaar Melzer/Wawrzyniak antreten. Bis eine Viertelstunde vor dem Abpfiff führte Holstein 3:2, war dem Endspurt des renommierten Gegners dann allerdings nicht mehr gewachsen und verlor mit 3:5 Toren.

Holstein spielte in der Besetzung: W. Fischer, K. WestphaJ, E. Kruse, W. Cruse, F. Krüger, A. Gronenberg, H. Corlais, E. Lerbs. K. Kratzmann, H. Freitag, Fr. Corlais. Augenzeugen rühmten die gute Gesamtleistung der in Zebrastreifen (schwarz-weiß) spielenden Holsteiner, besonders aber auch den Mittelstürmer ,,Scheih” Kratzmann. Über dieses Spiel sowie weitere Begegnungen zwischen Holstein von 1919, Schiffbek von 1924 und dem SC Lorbeer unterhielten sich in der Wohnung von Anni und “Old” Erwin Seeler in der Bismarckstrasse Vereinsmitglieder der Sport-Vereinigung Billstedt-Horn sowie der Verfasser dieser Zeilen, mit den Eltern von Deutschlands Fußball-Idol “Uns Uwe”. Die Zeit an diesem Märznachmittag verging wie im Fluge, denn “Old Erwin” plauderte interessant aus dem Nähkästchen, wurde von mir, der seinen Werdegang vom SC Lorbeer, über den SC Victoria bis zum Abschluß seiner Karriere beim HSV von 1931 bis 1949 miterlebte, durch Stichworte und Fragen immer wieder zu neuen Erlebnisschilderungen angeregt. Die Deutschen Meisterschaften mit dem SC Lorbeer 1929 und 1931 , die Teilnahme an der Arbeiter-Olympiade 1931 in Wien, wo er im Halbfinale gegen Ungarn alle sieben Tore zum 7:0 Sieg schoß, der am 28. August 1938 im DFB-Vereinspokal errungene 4:3 Sieg mit dem SC Victoria über Schalkes berühmte Kreiselelf mit Szepan und Kuzorra, der im gleichen Jahr mit dem Gau-Nordmark in Erfurt errungene 3:1 Erfolg Südwest im Endspiel um den Reichsbundpokal sowie die 1947 und 1948 mit dem HSV errungenen Meisterschaften der Britischen Zone bildeten die absoluten Höhepunkte seiner einzigartigen Karriere. Gegen Holstein und Schiffbek hat er dreimal gespielt.

Erwin Seeler: “An diese Spiele erinnere ich mich besonders gerne, denn Holstein stellte eine besonders faire und sympathische Elf. Als Spieler ist besonders Emil Goosen in Erinnerung geblieben. Im Ausscheidungsspiel um die Hamburger Meisterschaft war er noch nicht dabei. Aber etwas später, habe ich mit ihm in der Hamburger-Auswahl zusammen gespielt. Gerne erinnere ich mich auch noch an das gemütliche Holsteiner Klublokal “Bahr’s Gasthof’. Soweit Erwin Seeler!

Im Zusammenhang mit dem Sportclub Holstein möchte ich noch die Gründungsmitglieder Friedrich Wulf, Max Breipohl und Walter Seeger erwähnen sowie den Spieler Bruno Krüger. Dieser gehörte als linksaußen zu den besten des Hamburger Arbeitersports. Als 1933 das Verdikt gegen die ehemaligen Arbeitersportvereine ausgesprochen wurde, ging er zu Vorwärts Billstedt. Mit diesem Nachbarverein hatte Holstein bereits Anfang der 1920er Jahre in einer Klasse gespielt.

1924 wechselten die ,,Veilchen”, (SC Vorwärts) wie sie aufgrund ihres lilaweißen Dress genannt wurden, ins bürgerliche Lager. Bruno Krüger aber gehörte zu jener legendären Vorwärts-Mannschaft, die am 20. August 1939 erst an der mit sieben Nationalspielern gespickten Mannschaft von Fortuna Düsseldorf scheiterte. Der heutige D FB-Vereinspokal hieß zu dieser Zeit Tschammerpokal. Dieses denkwürdige Spiel fand im Hein-Klink-Stadion statt, also da, wo heute noch die Billstedt-Horner ihr Domizil haben und ihre Heimspiele austragen. Die kurze, aber erfolgreiche Geschichte des Sportclub Holstein sowie der weiteren Schilfbeker Fußballvereine endete 1933. Jenes schicksalsschwere Jahr bildete zugleich den Schlußstrich unter das Wirken der Arbeiter-Sportvereine. Viele Vereine in Deutschland erlitten damals das gleiche Schicksal. Aber auch während des NS-Regimes hielten viele Fußballer der Vereine Sportclub Holstein, Spielvereinigung Schiffbek und Spielvereinigung Horn Verbindung miteinander, so schwierig es in jenen Jahren auch war.

Der Neuanfang nach dem Kriege

Von Horst Frese

Einer der schwersten Kriege ging zu Ende. Viele deutsche Städte, darunter auch Hamburg, lagen in Schutt und Asche. Das Leben jedoch begann sich wieder zu regen, auch im Sport. Die ehemaligen, 1933 aufgelösten Arbeitersportvereine erhielten von der damals zuständigen britischen Militärregierung als erste eine Lizenz. In Kirchsteinbek fanden sich ehemalige Mitglieder vom Freien Turn- und Sportverein Schiffbek-Horn, Sportclub Holstein und Freie Spielvereinigung Schiffbek wieder zusammen. Sie gründeten die Sport-Vereinigung Billstedt-Horn von 1891 e.V.

Wie überall, so fehlten zunächst geeignete Fußballplätze. Der auf dem Vocke-Platz beheimatete alte Fußballpionier Wacker 04, dessen Mitglieder in erster Linie aus Horn und Billstedt kamen, stellte bis zur Wiederherstellung des Billstedter Stadions an der Möllner Landstraße seinen Platz dankenswerter Weise zur Verfügung. Billstedt-Horn brauchte diese gewährte Gastfreundschaft jedoch nicht allzu lange in Anspruch nehmen. denn durch die Mitarbeit aller Vereinsmitglieder war das Hein-Klink- Stadion (benannt nach dem 1. Bürgermeister Billstedts) in Selbsthilfe soweit wiederhergestellt worden, daß der Spielbetrieb auf dieser Anlage wieder aufgenommen werden konnte. Die Fußball-Liga, die zunächst in braunen Hosen, weißen Trikots und roten Stutzen spielte, behauptete sich gut. ohne jedoch jemals Meister zu werden. Zu den Stützen der “Ersten” Ende der vierziger Jahre zählten Torhüter “Stasch” Szymczak, ein Neffe des legendären Vorwärts-Torhüters “Pat” Szymczak, der über zwei Meter groß zu den tüchtigsten Hamburger Schlußmännern seiner Zeit in Hamburg gehörte, dann der torgefährliche Mittelstürmer Hans Sellhorn, ferner Außenläufer Gustav Qualmann sowie der lange Heini Zerrath, ein technisch brillanter, kopfballstarker Halbstürmer. Leider mußte Gustav Qualmann aufgrund einer Sportverletzung seine aktive Laufbahn vorzeitig beenden. Als angesehener Schiedsrichter und anschließend als Schiedsrichter-Obmann des Bezirksausschusses Ost blieb er jedoch dem Fußball weiterhin eng verbunden. Große Verdienste harre auch bis zu seinem Tode 1990 Rudi Niemeyer, sowohl als 2. Vorsitzender wie auch als Leiter der Fußball-Abteilung.

Ehemals aktive Spieler vom Sportclub Holstein, die auch Billstedt-Horn ehrenamtlich treue Dienste leisteten, waren u. a. Karl und Willi Bouquet, Otto Freytag und Wally Marten. Dieser ging noch von Haustür zu Haustür, um die Mitgliedsbeiträge zu kassieren. Ein Mitglied des Jubilars, der sich besonders um die Fußball-Jugend gekümmert hat, ist Alfred Kosen. Als Verantwortlicher für die Jugendarbeit sind heute Gunther PosteIs im Verbandsjugendausschuß und Bernd Behn im Jugendlehrausschuß des Hamburger Fußball· Verbandes tätig.

Das Wort Jugendarbeit wurde beim Jubilar von jeher großgeschrieben. Manfred Graumann brachte es sogar zum Nationalspider in der Schülermannschaft. Er nahm unter den damaligen DFB-Trainern Dettmar Cramer und Udo Lattek an zahlreichen Lehrgängen in der Sportschule Duisburg-Wedau teil. Der hoch talentierte Stürmer wechselte später zum HSV, konnte aber wie viele Talente vor und nach ihm nicht den entscheidenden Durchbruch schaffen. Auch die Billstedt-Horner Bubi-Mannschaften unter der Leitung von Franz Benkert machten durch gute Leistungen im Großraum Hamburg auf sich aufmerksam. Franz Benkerts Söhne Harry, Joachim und Rudi machten sich ebenfalls als Betreuer der Kleinsten nützlich und leisteten wie ihr Vater aufopferungsvolle Arbeit. Den Titel eines Hamburger Pokalmeisters errangen 1973 die mehrere Jahre von Peter Hertwig betreuten und trainierten Fußball-Buttjes von Billstedt-Horn. Die damals zehn- bis zwölfjährigen erlitten zweieinhalb Jahre keine Niederlage und wurden deshalb “Die Unbesiegbaren von der Möllner Landstraße” genannt. Groß ist die Zahl jener Talente, die aus der Sport-Vereinigung Billstedt-Horn hervorgegangen sind und anschließend in höher rangierenden Klubs Karriere machten. Am weitesten brachte es Geer Wieczorkowski (Jahrgang 1948). Dieser technisch hochbegabte Spieler zeichnete sich in der B- und A-Jugend des Jubilars aus und brachte es nach Gastrollen beim Nachbarn SC Vorwärts über Stern/Pfeil und beim FC St. Pauli zum Bundesliga-Kicker. Er bestritt von 1974 bis 1977 bei Rot Weiß Essen 101 Spiele und schoß als Mittelfeldspieler und Libero sieben Tore für den ehemaligen westdeutschen Renommier-Klub, der in den fünfziger Jahren als erster deutscher Klub in Südamerika spielte und hohes internationales Ansehen genoß.

In der Jugendabteilung vom Billstedt-Horn wuchsen auch Hans-Jürgen “Gurke” Petersen und Hans-Ulrich “Ulli” Wehlan auf. Beide wurden später Stürzen der Ligamannschaft des SC Vorwärts Billstedt. Ein heute noch als Trainer zumindest im Hamburger Osten bekannter Mann ist Klaus “Buffy” Muruszach. Auch er spielte in der Jugend bei Billstedt-Horn und schaffte als Ligaspieler mit seinem Stammverein den Aufstieg in die damalige Verbandsliga. Talente, die von Concordia und Bergedorf 85 umworben wurden, waren Klaus “Kusch” Nast und Friedhelm Baum.

Den größten Besuch in seiner Vereinsgeschichte hatte Billstedt-Horn am 21. August 1968. An diesem Tage, einem Mittwoch, gab nämlich der HSV ein Gastspiel im Hein-Klink-Stadion. Beim HSV spielte Uwe Seeler nach einer Pause von drei Monaten, bedingt durch eine notwendig gewordene Operation an der Achillessehne, zum ersten Male wieder über die volle Distanz von 90 Minuten. Der Sohn von “Old Erwin” erzielte zwei Treffer, darunter ein Kopfballtor bester Marke. Die übrigen Tore zum standesmäßigen 8:0-Sieg über den in der untersten Amateurklasse spielenden Gastgeber schossen Gert Dörfel (3) dann der von Werder Bremen gekommene Hans Schulz, Jürgen Hellfritz sowie der zu den besten Spielern bei Billstedt-Horn zählende Reinhold May, der einen Ball unglücklicherweise im eigenen Netz unterbrachte. Trainer des HSV war Schorsch Knöpfle. Ich habe das Spiel miterlebt und war frorz der hohen Niederlage von der guten Leistung des Gastgebers in der zweiten Hälfte angetan, als die drei Brüder Wilkens: Manfred, Klaus und Willi spielten und ihrer Mannschafr großen Rückhalt gaben. Ohne Willi Schulz und Franz-Josef “Bubi” Hönig trat der HSV in folgender Besetzung an: Özcan, Sandmann (Moldenhauer), Egon Horst, Dieckmann, Jürgen Seifert, Hellfritz, Hans Schulz, Dringelstein, Fock, Uwe Seeler, Gert Dörfel. Der HSV spielte in dem damals überwiegend praktizierten 4-2-4-System.

Der nach dem HSV bekannteste Klub, der sich im Hein-Klink-Stadion vorstellte, war Arminia Hannover. Die damals in der Regionalliga Nord spielenden Niedersachsen mit dem ehemaligen Jugend-Nationalspieler Willi Langemannn auf Rechtsaußen waren zum 75jährigen Jubiläum ins Hein-Klink-Stadion gekommen und demonstrierten vor 1000 Besuchern einen gefälligen Kombinationsfußball. Der Gastgeber dagegen wußte durch seinen Einsatz und die kämpferischen Tugenden zu überzeugen. Besonders vor der Pause war Billstedt-Horn ein höchst achtbarer Gegner. Die nach 38 Minuten von Gert Wieczorkowski nach einem prächtigen Alleingang erzielte 1:0- Führung, mit der es in die Halbzeit ging, war keineswegs unverdient. Im zweiten Durchgang triumphierte dann Arminia aufgrund der größeren spielerischen Reife und Erfahrung. Die Gäste gewannen schließlich 7:2 nachdem der für Klimaschewski ein gewechselte Jürgen Brückner Billstedt-Horn erneut in Führung gebracht hatte. Unter der Leitung von Schiedsrichrer Kludt (HFC) trat Billstedt-Horn an jenem Tage mit D. Schröder (J. Sienknecht), R. May, Klaus Wilkens, R. Lenz, K. Nast, H. Voßberg, W. Klimaschefski (U. Brückner), G. Wieczorkowski, H.-W. Delfs, K. Wendorf (ab 60. Minute: B. Behn, R. Schultz.)

Die Sport-Vereinigung Billstedt-Horn und ihre Vorgängerklubs haben im Laufe eines vollen Jahrhunderts ihres Bestehens viel für den Sport geleistet, vor allem für den Fußball, aber auch für eine erstklassige sportliche Breitenarbeit gesorgt. Unter der jetzigen Regierung mit dem 1. Vorsitzenden Joachim Schirmer und seinen Spartenleitern an der Spitze hofft der Jubilar auf eine auch weiterhin gedeihliche Zusammenarbeit mit den etwa 500 Mitgliedern und weitere sportliche Erfolge, nicht zuletzt auch in den Sparten Tisch-Tennis, Handball, Schach und Gymnastik. Für die Fußball-Liga aber haben sich Spartenleiter Friedhelm Baum und der Spielausschuß das Ziel gesteckt, so bald wie möglich den Aufstieg aus der Kreisliga in die Bezirksliga zu schaffen. Dazu alles, alles Gute! Auf die nächsten 100 Jahre!

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